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Württembergische Landessynode vor der Entscheidung

Die Landessynode der Evangelischen Kirche in Württemberg wird in ihrer Tagung am 27. –30. November 2017 in Stuttgart entscheiden, ob die Segnung oder Trauung gleichgeschlechtlicher Paare eingeführt wird, wie es die Befürworter beantragt haben. Zur Vorbereitung haben sich die Synodalen am 24. Juni 2017 in Bad Boll zu einem Studientag zum Thema „Seelsorgerlich und kirchlich verantworteter Umgang mit der Verpartnerung gleichgeschlechtlicher Paare“ getroffen. Sie haben sich mithilfe externer Experten mit verschiedenen Aspekten des Themas befasst.

Die Vorbereitungsgruppe des Studientags hat beschlossen, die Referate des Studientages zu veröffentlichen: https://www.elk-wue.de/wir/landessynode/studientag-2017/ Nun kann sich jeder davon überzeugen, dass von den 7 Referenten keiner die Position gegen die Segnung oder Trauung gleichgeschlechtlicher Paare vertrat. Das verwundert einen.

Man hatte vielleicht von Prof. Dr. Benjamin Schliesser, Bern, eine kritische Stellungnahme erwartet. Er sprach über das wichtige Thema „Schriftverständnis und Hermeneutik biblischer Aussagen zur Homosexualität“. Schliesser hat einige Semester die Studienbegleitung des Albrecht-Bengel-Hauses in Tübingen in Anspruch genommen. Aber seine Darstellung relativiert aus meiner Sicht auf enttäuschende Weise die Autorität der Bibel als Maßstab für Glauben und Lehre. Auf meine Bitte hat Prof. Dr. Rolf Hille, Heilbronn, eine kritische Würdigung des Referates von Prof. Schliesser geschrieben. Die beiden kennen sich und haben die anstehenden Probleme miteinander besprochen.

Wir ermöglichen hier den Zugang zu beiden Texten, damit sich unsere Leser ein Urteil bilden können. Wir wünschen uns ausdrücklich, dass auch die Württembergischen Landessynodalen die Kritik an Prof. Schliessers Vortrag zu Kenntnis bekommen. Hier finden Sie beide Texte:

Noch ein Hinweis. Bemerkenswert finde ich die kirchenrechtlichen Argumente, die Prof. Dr. Heinrich de Wall, Erlangen, auf dem Studientag vortrug. Das lese ich:

„In jedem Fall stellt sich aber auch die Frage nach den Grenzen der kirchlichen Gesetzgebung. Aus dem Text der Kirchenverfassungen ergibt sich nämlich die Bindung der Landeskirchen und ihrer Organe, auch des Gesetzgebers, an Schrift und Bekenntnis. Manche Kirchenverfassungen, so auch § 22 des Kirchenverfassungsgesetzes der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, bestimmen ausdrücklich, dass das Bekenntnis nicht Gegenstand der Gesetzgebung ist. Beides ist für die evangelische Kirche eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Das Evangelium und das Bekenntnis zu Jesus Christus sind keine Gesetze.“ (S.8)

„Letztlich geht es daher bei den Auseinandersetzungen um die Einführung gottesdienstlicher Segenshandlungen homosexueller Lebenspartnerschaft um das Verständnis und die Auslegung der Schrift, die selbst im Verhältnis zum Bekenntnis normativen Charakter hat. Befürworter und Gegner haben ein grundlegend unterschiedliches Verständnis der Normativität der biblischen Aussagen zur Ehe. Damit ist in der Tat die Einführung von Trauungen homosexueller Partnerschaften eine Bekenntnisfrage, genauer: Sie beinhaltet eine Änderung des bisherigen Verständnisses von Schrift und Bekenntnis und bedarf daher des Konsenses.“ (S.11) [Markierung von U.P.]

„In einem solchen Fall, in dem die einen, möglicherweise sogar eine große Mehrheit in der Kirche, davon ausgehen, dass eine Neuregelung das Bekenntnis nicht betrifft, andere aber aus der Schrift nachvollziehbar begründeten Widerspruch gerade dagegen erheben, muss das Ganze als Bekenntnisfrage behandelt werden: Denn ein Konsens darüber, was Schrift und Bekenntnis aussagen, lässt sich in diesem Fall gerade nicht feststellen.“ (S.12)

Ich hoffe und bete, dass die Württembergische Synode eine Entscheidung trifft, die sich ander Heiligen Schrift orientiert. Das „grundlegend unterschiedliche(s) Verständnis der Normativität der biblischen Aussagen zur Ehe“, auf das Prof. de Wall sich bezog, wurde in den Referaten auf dem Studientag leider nicht dargestellt. Unvereinbare Gegensätze lassen sich nicht in fragwürdigen Kompromissen auflösen. Denkt an Luther: „Ich will, dass die Schrift allein Königin sei.“

Ulrich Parzany